Cecima Open 2018

Int. Sonderschweißprüfung 20 Stunden fährte

Internationale Schweiß-Sonderprüfung Cecima Open, Italien, 15.04.2018

 

Einer Einladung folgend habe ich Gaea und Irca  auf auf dieser extrem anspruchsvollen internationalen Schweiß-Sonderprüfung in Italien gemeldet. 900km Anreise und ein großes Fragezeichen. Was würde uns erwarten? Wie sieht das Gelände aus? Was macht das Wetter? Würden die Drahtbürsten mit all den Umständen klar kommen. Viele Fragen. Wirklich Zeit zum trainineren im Vorfeld hatten wir nicht. Es fehlte schlichtweg einfach die Zeit.

Egal.

In der Unterkunft angekommen wurden wir von Ingeborg und Ivan bereits erwartet und herzlich begrüßt. Ebenfalls schon anwesend waren die österreichischen Richter. In der Summe: eine tolle Truppe. Hundeverstand wie selten gesehen. Sonntag früh 8 Uhr beginn der Prüfung. Am Samstag hatte ich mir die Prüfungsumgebung angesehen, diese war alles aber ganz sicher nicht leicht. Wild ohne Ende. Selten hatte ich so viel Wild in so kurzer Zeit gesehen. Und alle 2 Meter starke Wechsel. Das würde was werden.

Bereits bei der Hundeführeranmeldung: von 18 gemeldeten Hunden war 2/3 der anwesenden Hunde der Schweißhunderassen anzuzählen. Gaea und Irca die einzigen Deutsch Drahthaar. Sofort war die Schar der italienischen Drahthaarleute um mich versammelt, Schulter geklopft, sich umarmt, die Hände gedrückt und gefachsimpelt. Die Runde erweiterte sich schnell um viele andere. Aufgeregt war ich nicht. Bei so viel Daumendrücken und guten Wünschen. Die Aufregung sollte sehr viel später kommen.

Die Nummernvergabe bereits ein Spektakel. #SvarovskyOptic hatte für die Tombola ein mega geiles Fernglas gespendet. Herzlichen Dank hierfür! Wahnsinnspreis. 18 wunderschöne Sauköpfe lagen auf den nagelneuen Svarovsky Katalogen und jeder Hundeführer wurde der Reihe nach aufgerufen seine Nummer zu ziehen. Ich durfte 2 ziehen. Rund um mich herum hörte ich von den anderen Führern: sehr gewagt, gleich 2 Hunde zu führen. Ich vertraue meinen Drahtbürsten und wenn ich A sage dann auch B - und das heißt nun mal: 2 Hunde, 2 gemeldet.

Ich zog Los 8 und 18. Großes Kino. Auch noch zwei komplett unterschiedliche Gruppen. Das würde was werden. Gruppenhopping in Italien   Vorweg: es klappte Reibungslos. Die Organisation war mega. An dieser Stelle schon mal ein mega fettes großes Lob und Danke für diese Meisterleistung. Zügig rückten die 6 Gruppen ab und ich wurde sofort von meinen Prüfern Antonio Zuffi und Alessandro in Beschlag genommen und es ging los.

Den Teil mit Frei folgen bei Fuß und Ablegen lassen wir besser   ich war mit meinen Gedanken schon bei der Schweißarbeit. Was würde uns erwarten, wie würde der Verlauf der Fährte sein. Und Gaea war mit Ihren Gedanken mir wohl folgend auch ganz wo anders. Kurz um: Das Team hatte den gleichen Gang.

Und dann ging`s los ins Eingemachte. Der Fährtenverlauf hatte es von Beginn an in sich. Ein starker Wechsel folgte auf den Nächsten, innerhalb von 10 Metern hatten wir 8 starke, frische Verleitfährten. Das erste Wundbett noch nicht erreicht hatte ich die Meldung des Anzeigens von Gaea der Verleitfährten abgestellt. Ich sagte nur noch an, wenn sie wirklich mal einer Verleitfährte 1-2 Meter folgte. Mehrfach kreuzte Rehwild für Gaea sichtig die Fährte. Kein Problem für uns. Zielstrebig arbeitete Gaea weiter. Immer wieder meldete ich unregelmäßig Stellen, wo Gaea mir Schweiß anzeigte, dies wurde nickend zur Kenntnis genommen. Am ersten Wundbett angekommen war ich eigentlich schon fertig mit der Welt. Das Gelände war extrem. Steilhang vom feinsten. Selbst mit Bergstiefel extrem schwer zu laufen. Körperlich anstrengend. Und wir hatten noch nicht mal ein drittel der Strecke hinter uns. Es half nichts. Wir mussten ja weiter. Und Gaea wollte auch weiter. Und so gings dann auch wieder los. Nach dem 1. Wundbett glaubte ich kurzfristig, dass dies nur ein schlechter Scherz sein könnte. Wir standen vor einem Berghang mitten im Wald, welcher nach links stark abfallend war. Unmöglich, dass hier ein Prüfer auch nur ansatzweise ernsthaft daran geglaubt haben könnte, eine Fährte zu legen. Aber Gaea zeigte an, dass sie genau hier rüber wollte. Nur - sie rutschte ab. Und ich auch. Nur in gemeinsamer Teamarbeit schafften wir diesen Grat. Und Antonio und Alessandro folgten. Und immer wieder frische Wechsel und Wild. Und dann kam der Augenblick, der Augenblicke. Gaea stand auf der Fährte vor. Ich wollte mich grad ein bisschen am Riemen nach vorne arbeiten und hatte 2 Schritte gemacht, als genau vor dem Hund zwei Schnepfen abstrichen. Ob Antonio sein Leuchten in den Augen gespürt hat? Ich hab`s gesehen

Gaea brachte es nicht aus der Ruhe. Sie arbeitete wie am Uhrwerk. Und immer wieder dachte ich mir: das hier ist doch alles ein schlechter Scherz. Niemals nie kann man eine Fährte so legen wie der Hund läuft. Das gibt es einfach nicht. Und der Hund arbeitete wie auf Schienen.

Aber wir waren absolut richtig. Wundbett 2 bestätigte mir dies wieder und ich war einfach nur fertig mit der Welt. Wie war das nur möglich. Nach ich weiß nicht wie viel Metern nach dem 2. Wundbett bat Antionio kurz um Pause. Die Helferlein hatten den Bock wohl noch nicht ans Ende gelegt. So hab ich das interpretiert. Und ich war eigentlich ganz froh mal kurz durchschnaufen zu können. Ich war eigentlich schon stehend ko. Mein Hosenboden schaute aus wie Sau. Mehrfach mussten wir die Strecke auf dem Hosenboden bewältigen. Anders war ein Vorwärtskommen in dem Gelände schlichtweg nicht möglich. Aber auch das vorwärtslaufen auf allen vieren war an diesem Tag auf dieser Fährte nichts ungewöhnliches.

Die Gesichter meiner Begleiter waren absolut freudig und so nahm ich einfach mal an, dass bis dato alles im grünen Bereich ist. Nachdem wir dann weiter durften hatten wir noch ein paar frische Verleitfährten wo eine wirklich sehr sehr interessant war. Ich erkannte diese jedoch sofort am Verhalten von Gaea, wollte ihr jedoch die Möglichkeit geben sich selbst zu sortieren und zurück zur Fährte zu arbeiten. So meldete ich lediglich nur, dass die Herren bitte stehen bleiben möchten, der Hund gerade eine sehr frische Verleitfährte arbeite und ich dem Hund das Rückarbeiten ermöglichen möchte. Es dauerte keine Minute bis Gaea die ursprüngliche Arbeit wieder aufnahm. Was immer hier die Fährte gekreuzt hatte. Es war keine viertel Stunde alt.

Und dann waren wir am dritten Wundbett angekommen. Eigentlich wollte ich nur noch einen Stuhl, ein Kopfkissen zum anlehnen und eine Flasche Wasser. Ich war alle. Es stand jedoch noch das verweisen an. Ich schickte Gaea zum freien Verweisen. Ein Kinderspiel für den Hund. Nachdem wir am Stück waren, war ich einfach nur glücklich und stolz. Glücklich, diese Extreme gemeistert zu haben. Stolz auf MEINEN Hund, diese extreme Aufgabe so gelöst zu haben.

Stolz und Freudestrahlend bekam ich für Gaea und für mich einen Bruch überreicht. Naja, das verteidigen am Stück: sagen wir mal so, das war wohl nix Aber gut, damit kann ich sehr gut leben.

Bruno´wartete schon um mich zum Auto zu fahren wo ich abgeholt werden sollte um mich meiner zweiten Gruppe anzuschließen. Denn Irca war ja auch noch dran. In der zweiten Gruppe wurde ich schon erwartet und ich hatte kaum Zeit um Luft zu holen. Ich freute mich auf meine österreichische / italienische Richtergruppe. Und los gings. Berg auf. Nach 100 Metern war ich soweit das ich nicht mehr wollte. Ich konnte einfach nicht mehr. Aber gut, wenn man am Strick einen Hund hat, der einen den Berg hochzieht geht alles etwas leichter. Und ja wie sollte es anders sein. Ein kurzer aber knackiger Steilhang. Super. Schräg hoch und drüber. Und dann dieses doofe Totholz im Weg. Ne, das konnte nicht sein. Aber Irca lief wie am Uhrwerk. Rein in den Wald, rauß aus dem Wald, am Waldrand entlang. Oh wie toll. Wasser. Wisst ihr wie toll es ist, Wadenhoch im Wasser zu stehen und dann mit patsch nassen Schuhen Strümpfen und Hose zu laufen? Einmalig. Nun ja, ich folgte dem Hund blind. Sie zeigte immer wieder an. Sie arbeitete großartig. Und dann - ja dann - der Fehler der Fehler. Warum - ich weiß es nicht. Ich war mir sicher, dass die Prüfer niemals nie so gelaufen sind. Hätte ich dem Hund mal nur geglaubt. Egal. Ich sagte dreimal an zeige, sie zeigte und ich glaubte nicht. Doof gelaufen. Und das keine 50 Meter vom letzten Wundbett entfernt. Auch Irca schickte ich zum freien Verweisen. Sie machte das auf ihre eigene ganz eigentümliche Art. Aber mit Erfolg.

Direkt im Anschluss noch verteidigen am Stück: Und hier war ich mir sicher, dass es keine Probleme gibt. Und so war es auch. Nachdem wir auch den Teil frei folgen bei Fuß noch mit Erfolg absolviert hatten war ich einfach nur glücklich. Und auf einmal kam auch die Aufregung. Die ganzen Stunden zuvor war ich kalt wie Hundeschnauze. Und in dem Augenblick wo die ganze Konzentration abgefallen ist kam die Aufregung. Und sie kam heftig.

Ablegen mit Schuss stand für alle Hunde ganz zum Schluss an. Man konnte die Variante ablegen + Anleinen oder komplett frei wählen. Ich entschied mich für zweitere. Und die Damen lagen wie ein Zeck  

Fertig. Wir waren durch und ich wusste: Irca und Gaea hatten diese Prüfung bestanden. Im Gegenzug zu den mir bekannten Prüfungen gab es hier kein offenes Richten. Und man war auch nicht automatisch im "sehr gut" wenn man keinen Abruf auf der Fährte hatte. Jedes korrigieren des Hundes führt zur Minderung der Punkte. Ich wusste also nicht, wie und wo wir standen, wie es letztendlich aussehen würde. Bis, ja bis die Preisverleihung anstand. 


Irca bestand diese wirklich extrem schwere Prüfung mit einem "bene" (was einem II. Preis auf der VSwP entspricht) und hervorragenden 44 Punkten. Was wollte ich eigentlich noch mehr. Ich kann mich den Worten meiner Prüfer nur anschließen: Der Hund war super! Der Fehler geht auf die Führerin.

Tja, ich hatte ja noch Gaea. Und die Wertung stand aus.

Leider konnte ich mir nicht alles merken, was Antonio gesagt hat. Auszüge jedoch schon: ein Hund mit unglaublicher Erfahrung, die man zu jedem Zeitpunkt während der Arbeit sieht. Hund und Führer verstehen sich blind, sie brauchen keine Worte.

Und dann kam sie, die Wertung für Gaea. Ein "Excellent" (entspricht einem 4h auf der VSwP). Noch konnte ich das gar nicht greifen. Ok, war wohl doch ein bisschen mehr wie nur "sehr gut". Ich war schon auf Wolke sieben und herzte Prüfungsleitung, Richter und alle die grad rumstanden. Ahnentafel und Wein stolz in Empfang genommen und mich zurückgezogen. Naja es war noch nicht zu Ende.

Antonio: Grazie per questa valutazione eccezionale del mio cane. È un grande onore per me conoscerti. Sei una grande persona con un incredibile senso del cane. Grazie!

Gaea und ich durften erneut nach vorne. Sieger Der 20. Stunden Open . Und 3. bester Hund in der Gesamtwertung. Und das mit quasi zwei 1Punkt runden (Verteidigen am Stück und Folgen frei bei Fuß wurden jeweils mit der Mindestpunktzahl gewertet). Was soll ich dazu noch sagen außer Wahnsinn.

Alle Dämme brachen in diesem Augenblick zusammen. Ein Erdbeben brach in mir aus. Ich konnte es nicht fassen. Verdutzt schaute ich in die Runde. Kein Wort mehr verstehend was mir gesagt wurde. Ich war einfach nur lehr. Den kleinen Karton nahm ich in die Hand und war nicht mehr Handlungsfähig. Ein ermunternder Blick und ein Kopfnicken deuteten an, dass ich einfach auspacken solle. Und das tat ich auch. Und genau diesen Augenblick hat Rossella festgehalten.

Was fühlt man in diesem Augenblick: stolz, freude, unsagbares Glück, Dankbarkeit.

Allen Deutsch Drahthaarfreunden kann ich nur wärmstens empfehlen sich zu bemühen, einen der begehrten Plätze dieser Prüfung zu bekommen. Es ist nicht leicht! Aber es ist möglich. Und ich sag euch: jede einzelne Sekunde ist es wert. Niemals nie hab ich eine Prüfung geführt welche Anspruchsvoller war wie diese.  Ja, der Anreiseweg ist weit. Man sollte nicht den Fehler machen wie ich und unvorbereitet starten. Das bereut man bitter. Man sollte körperlich einigermaßen fit sein.

 

Alle Bilder der Prüfung der Cecima Open Sonder-Schweißprüfung 2018 findet ihr im übrigen hier :

 

https://llewellin.smugmug.com/…/Cecima-Deer-Tracking-Trial…/