Braucht mein Jagdhund Papiere? Oder geht`s auch ohne?

 

Diese Frage löst in Hundeführerkreisen regelmäßig heftige Diskussionen aus. Und auch Jägersleut ohne Hund finden sich in diesen "Streit"-Gesprächen immer häufiger.

 

Beleuchtet man beide Fraktionen sind die Argumente beider Seiten immer gleich.

 

Das Züchterlager mit FCI/VDH/JGHV Papieren und dem Sperlingshund auf der Ahnentafel argumentieren für eine Zucht mit:

 

  • Aus auf Form- und Leistung geprüften Hunden
  • Beide Elterntiere mit allen gesundheitsrelevanten Untersuchungen
  • Beide Eltern mit allen relevanten Leistungsprüfungen des/der Vereine - nicht nur der BP
  • können den Stammbaum der Vorgänger mit obigen Punkten nachvollziehen - auch deren Nachkommen können in diese Betrachtung mit einbezogen werden
  • Züchter können auf Grund bestimmter Wesens-/Anlagenzüge einer Linie bestimmte Anlagen oder gewünschtes Wesen (ruhig, leichtführig, etc.) intensivieren

 

Die Gegenfraktion, wo mit Hunden ohne Papieren gezüchtet wird argumentiert mit den Aussagen:

 

  • im JGHV Züchterlager wird gemauschelt und auch nicht sauber gezüchtet
  • Prüfungen werden "beschönigt" damit bestimmte Hunde in die Zucht gehen "können"
  • Hunde mit Papier jagen nicht besser wie Hunde ohne Papiere, im Gegenteil, viele Hunde mit VGP würden niemals auf einer Jagd geführt werden, weil Sie zu "kostbar" sind oder gleich gar nicht taugen. Ergo Umkehrschluss, Hunde ohne Papiere sind  oftmals bessere "Jäger" wie Hunde "mit"
  • zu viele Züchter im JGHV Lager würden auf Kommerz und Profit züchten
  • nur die in der Jagdpraxis bewährten Hunde würden für einen Wurf herangezogen werden

 

Schaut man sich nun diese beiden Lager an sind viele Aussagen absolut Gegensätzlich.

 

Betrachten wir das Ganze intensiver.

 

Werden Hunde mit Papieren zur Zucht herangezogen, hat man in aller Regel viel Information zu dem Hund, den Vorfahren, dem Gesundheitszustand des Hundes inkl. der Vorfahren inkl. der Nachkommen der Vorfahren. Man weiß, welche Wesenszüge die Linie hergibt, kennt die Stärken und Schwächen der Linie.  Als Züchter hat man alles dafür notwendige getan um sicherzustellen, dass der Zuchthund keine Wesensschwächen hat und körperlich gesund ist. Um einen Hund Zuchttauglich zu bekommen, muss man als Züchter viel Geld in die Hand nehmen. 

 

Als Käufer kann man bei einem Hund mit Papieren im Umkehrschluss davon ausgehen, dass die Hunde dem Wesensstandard der Rasse entsprechen, je nach Züchterschwerpunkt etwas mehr oder weniger in dem einen oder anderen Punkt (der eine Züchter legt wert auf ruhige, führige Hunde, ein anderer wiederum ggf. auf selbstbewusste, toughe Hunde). Hier hat man als Käufer die Möglichkeit für sich einen passenden Züchter auszusuchen. Man kann sich als Käufer über Nachkommen der Vorfahren informieren ob es z. B. HD, ED oder OCD Fälle gab oder wesensschwache Hunde oder oder oder.  Natürlich gibt es keine Garantie, dass der Welpe frei von jeglichen Krankheiten ist. Aber man kann als Käufer davon ausgehen, dass die Züchter alles mögliche dafür getan haben um gesunde und leistungsstarke Welpen zu züchten. Den Preis, den man als Käufer dafür bezahlt ist ein Kaufpreis, der je nach Rasse unterschiedlich ausfällt. 

 

Geht man in die Fraktion wo Hunde ohne Papiere zur Zucht herangezogen werden oder aber Alternativ die Elterntiere Papiere haben aber keine Zuchtzulassung, oder aber Eltern zweier verschiedener Rassen verpaart werden, so erhalten die Welpen keine Papiere. Man kennt oftmals nur die Eltern (es mag wenige Ausnahmen hier geben, wo mehr über die Vorfahren bekannt ist) und wenig über die Vorfahren. Entsprechend kann man oftmals leider auch wenig über die Wesenszüge oder gar Krankheiten der Vorfahren sagen. Viele dieser Hunde sind nicht so penibel auf Krankheiten wie HD, ED oder OCD (um hier nur einige wenige Beispiel-Krankheiten aufzuführen) geprüft. In der logischen Schlussfolgerung und Konsequenz kann man in keinster Weise gesunde Welpen garantieren. Gab es bei den Vorfahren ggf. wesensschwache Hunde was jetzt nochmals durchschlagen könnte? All das sind Punkte, die man hier mit einem vorsichtigen Fragezeichen versehen muss. Man kann es in den meisten Fällen nicht sagen. Den Preis, den man als Käufer dafür bezahlt ist ein Kaufpreis, der je nach "Hund" unterschiedlich ausfällt, jedoch sehr häufig oftmals sich wenig bis gar nicht vom Kaufpreis eines Hundes mit FCI Papieren unterscheidet.

 

Nun steht man da im Dschungel der Hunde und muss sich für eine der beiden Varianten entscheiden. Möchte man einen Hund mit oder ohne Papiere?

 

In beiden Lagern gibt es gute und weniger gute Hunde. Genauso wie es in beiden Lagern gute und weniger gute Hundeführer und "Züchter" gibt.

 

Man hört und sieht aus dem "ohne" Lager oftmals nur die Hunde, welche sich gut entwickelt haben und gute Jagdhunde wurden. Man hört auch so gut wie nie, dass ein Hund HD, ED, OCD oder was auch immer bekommen hat. Wie auch, die meisten Hunde ohne Papiere werden niemals darauf untersucht.  Viele Hunde aus dem "ohne" Lager werden aber auch an Nicht-Jäger verkauft, weil es einfach grad "in" ist einen Jagdhund am anderen Ende des Stricks zu haben. Und somit leider oft schnelles, einfaches Geld verdient werden kann. Manchmal ist es aber auch einfach so, dass man einfach mal einen Wurf mit der Hündin machen will weil man eben auch mal Welpen haben möchte.

 

Natürlich ist im "mit" Lager nicht alles Gold was glänzt. Auch dort läuft nicht überall alles so, wie es laufen soll(te). Selbstverständlich gibt es auch dort Hunde welche mit Krankheiten wie HD, ED, OCD oder oder oder kämpfen müssen. Natürlich kommt dies vor. Und natürlich gibt es auch in diesem Lager Hunde, welche jagdtechnisch schlicht und ergreifend nicht geeignet oder nicht so gut sind. Und natürlich gibt es auch in diesem Lager Züchter welche auf Kommerz züchten.

 

Betrachtet man jedoch den Querschnitt, so ist die Zucht von Hunden mit Papieren meiner Meinung nach klar zu bevorzugen - und vor allem zu unterstützen. Ein Hund mit Papieren gibt mir nicht automatisch einen super tollen Jagdhund. Auch nicht automatisch einen gesunden Hund. Aber ich habe als Käufer die Möglichkeit, mich geziehlt für einen Züchter mit bestimmten Merkmalen zu entscheiden. Ich kann als Käufer für mich festlegen, welche Kriterien des Wesens etc. wichtig sind. Ich kann davon zu 99% ausgehen, dass die Elterntiere und deren Vorfahren Gesund und Zuchttauglich waren und keine Wesensschwächen hatten  Und was - zumindest für mich wichtig ist - ich kann meinen Hund auf allen rassetypischen Jagdhundeprüfungen führen. Natürlich macht eine Prüfung allein keinen guten Jagdhund. Aber ich kann anhand eines Prüfungsergebnisses sehen, wie die Anlagen des Hundes sind, wie sich diese Anlagen mit Hilfe des Hundeführers entwickelt haben, welches Wesen der Hund entwickelt hat, wie das Wesen der Elterntiere durchgeschlagen ist und vieles mehr. Hiermit gebe ich auch dem Züchter wichtige Rückschlüsse für seine Zucht. Sieht man sich dann die Prüfungsergebnisse eines gesamten Wurfes an kann man gut sehen, wie sich eine Verpaarung weitervererbt hat. Und genau das macht Leistungszucht aus. Sie trägt zum Erhalt unserer wundervollen, vielfältigen Jagdhunderassenwelt bei.

 

Wir Hundeführer sollten die Arbeit der Züchter wert schätzen. Sie geben uns die Möglichkeit mit leistungs- und wesenstarken Hunden jagen zu können. Sie geben uns die Möglichkeit weiter einen Teil dazu beizutragen, dass wir auch in den nächsten Jahren weiterhin leistungs-und wesensstarke Hunde für die Jagd haben. Und sie geben uns auch weiterhin die Möglichkeit sich für ganz bestimmte rassetypische Merkmale entscheiden zu können.

 

Ich finde, dass all dies Punkte sind die für einen Hund mit Papieren sprechen.

 

Final entscheiden muss diese Entscheidung jeder für sich selber. Und wenn jemand für sich entscheidet, dass er einen Hund ohne Papiere führen möchte, so ist dies sein absolut gutes Recht! Dieses sollte man auch jedem lassen. Man benötigt hier keine Diskussionen oder sonst was. Und an den Pranger stellen muss man diese Hundeführer auch nicht.